WARUM EIN SYRISCHER KRANKENPFLEGER EINEN LADEN öFFNET UND NICHT IN DER PFLEGE ARBEITET

Der 31-Jährige will als Händler in Löbau seine Familie ernähren, hat aber noch Hoffnung auf eine neue Chance in seinem eigentlichen Beruf.

Oudai Al Mohammed ist seit diesem Montag Betreiber eines Lebensmittelladens in Löbau. Seither steht seine Tür in der Bahnhofstraße 26 weit offen. Dort, wo bis vor wenigen Monaten noch der Verein "Löbau lebt" zu Diskussionen, Filmvorführungen oder Vorträgen eingeladen hat, stapeln sich jetzt Fladenbrote, Fleisch- und Fischkonserven, orientalische Süßigkeiten, Oliven, Datteln und eingelegtes Gemüse sowie große Säcke Reis und gekühlte Getränke. "Die Lebensmittel sind aus dem arabischen und türkischen Raum", sagt Al Mohammed. Er bezieht sie über Firmen in Berlin und Leipzig und will nun damit in Löbau den Lebensunterhalt für seine Familie verdienen.

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"Eigentlich bin ich Krankenpfleger", sagt der 31-jährige Mann aus Syrien. Und eigentlich würde er auch gern wieder in seinem Beruf arbeiten. "Ich hätte jetzt im August bei den Euroschulen in Görlitz eine Ausbildung beginnen können", schildert er. In letzter Minute habe er es sich aber anders überlegt. "Noch einmal drei oder vier Jahre eine Ausbildung machen - das ist sehr lange", erklärt er ein bisschen verlegen und schiebt gleich nach: "Ich habe in Syrien ja schon eine Ausbildung gemacht, dort sind das zwei Jahre und sechs Monate, und ich habe auch schon zwei Jahre in einem Krankenhaus gearbeitet", erklärt er. Aber beweisen kann er das eben nicht, weil ihm die Zertifikate aus der Heimat fehlen. Er habe nur seinen Schulabschluss von der zwölften Klasse, also sein Abitur, bei sich. Seit drei Jahren ist er inzwischen in Deutschland, in Löbau. Deutsch spricht er mittlerweile gut, aber eine Perspektive fehlte ihm am Ende noch.

Geld verdienen statt Ausbildung wiederholen

Damit er schneller eigenes Geld verdienen kann, hat er sich mit einem Partner zusammengetan und eine GmbH gegründet. Sein Mitstreiter hat bis vor Kurzem den orientalischen Lebensmittelladen am anderen Ende der Bahnhofstraße betrieben, den 2021 eine Syrerin eröffnet hatte. Aktuell wird dieser Laden zu einem Barber-Shop umgebaut. Für einen Lebensmittelladen war er auch recht klein. "Hier haben wir mehr Platz, um unsere Waren anzubieten", sagt Al Mohammed, der das tägliche Geschäft mehr oder minder allein vor Ort bestreitet. Und nicht nur mehr Waren will Al Mohammed verkaufen, sondern auch arabische Speisen: "Ab Oktober möchte ich mit dem Verkauf von Falafel beginnen", sagt er. Diese frittierten Bällchen aus - in der Regel Kichererbsen, Kräutern und Gewürzen - sollen die Kunden dann "zum Mitnehmen" bekommen können.

Was Oudai Al Mohammed dabei ganz wichtig ist: "Das soll kein Laden nur für arabische Kundschaft sein", betont er immer wieder. Deutsche Kunden möchte er anlocken - deshalb will er seinem Laden auch einen Namen geben, der international ist. Noch habe er sich aber nicht entschieden, sagt der Syrer. Dass auch jetzt schon Deutsche neugierig durch die offene Tür seines Ladens kommen, sieht er wenige Minuten später: Ein Löbauer Ehepaar stöbert in den Regalen, legt am Ende ein Päckchen mit gerösteten Kichererbsen, die in Paprikapulver gewälzt sind, auf den Tisch. "Sind die gut?", fragt die Frau Al Mohammed. "Ja, und auch nicht zu scharf", nickt er.

Leben und Fußball spielen in Großschweidnitz

"Wir kennen das als Snack, haben das in Dresden schon gekauft", erklärt die Löbauerin und gibt dem frisch gebackenen Geschäftsmann einen Tipp: "Sie sollten an das Regal Schilder mit den deutschen Bezeichnungen machen, damit man weiß, was es ist." Oudai Al Mohammed nickt: "Ja, das ist eine gute Idee!", meint er und nennt den Preis. Man kann bei ihm sogar mit Karte zahlen - aber noch sei nicht alles perfekt: Das mit den Bezahlkarten für Asylbewerber funktioniere noch nicht, aber das solle sich in den nächsten Tagen klären.

Für die nächsten zwei Jahre wird der Lebensmittelladen alle Voraussicht nach Al Mohammeds Lebensmittelpunkt sein. Montag bis Sonnabend von 9.30 Uhr bis 19 Uhr hat er geöffnet. Danach fährt er nach Hause, nach Großschweidnitz, wo er mit seiner Frau und den beiden fünf und sieben Jahre alten Töchtern wohnt und wo er auch im Verein Fußball spielt. Was danach kommt, wenn der Mietvertrag für den Laden ausläuft, kann er nicht sagen. Eigentlich möchte er irgendwann wieder in seinen alten Beruf zurück - als Krankenpfleger arbeiten. Die Hoffnung, auf kürzerem Weg als über eine komplett neue Ausbildung zu diesem Ziel zu kommen, hat er nicht aufgegeben. Derzeit, so erzählt er, werde geprüft, ob es auch mit einer mehrmonatigen Weiterbildung möglich ist, seine berufliche Anerkennung zu erlangen. Diesen Weg würde er gern gehen.

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