LIEFERDIENST: DELIVERY HERO BAUT AUFSICHTSRAT UM – UND BEKOMMT NEUE CHEFKONTROLLEURIN

Der Lieferdienst zieht erste Konsequenzen aus dem Einstieg eines aktivistischen Investors. Das neu formierte Kontrollgremium könnte deutlich mehr Einfluss auf den MDax-Konzern nehmen.

Der Einstieg des aktivistischen Investors Sachem Head sorgt für erste strukturelle Veränderungen bei Delivery Hero. Am Montag kündigte der international tätige Essenslieferdienst eine Neuordnung und Vergrößerung seines Aufsichtsrats an. In diesem soll nun auch der Gründer und Portfoliomanager der US-Investmentgesellschaft, Scott Ferguson, einen Platz erhalten.

Anfang April war bekannt geworden, dass Sachem Head bei Delivery Hero eingestiegen ist. Der Investor besitzt inzwischen nach eigenen Angaben 3,6 Prozent an dem Lieferando-Konkurrenten. Es wird erwartet, dass Ferguson nach der Wahl auf der Hauptversammlung am 19. Juni Veränderungen bei dem Konzern anstrebt. Das deutet er selbst an. Ferguson erklärte, dann das „volle Potenzial des Unternehmens zu realisieren“.

Zunächst soll er nur für ein Jahr ernannt werden. Analyst Clément Genelot von Bryan, Garnier & Co. vermutet, dass die Aufseher nun deutlich mehr Einfluss nehmen könnten. Sachem Head ist auch am britischen Essenslieferdienst Deliveroo beteiligt.

Scheidende Schibsted-Chefin für Vorsitz nominiert

Die Nominierung von Ferguson ist nicht die einzige Neuerung. Zugleich soll der langjährige Aufsichtsratschef Martin Enderle seinen Vorsitz abgeben. Er soll allerdings für mindestens zwei weitere Jahre im Gremium verbleiben, um einen nahtlosen Übergang zu ermöglichen.

An der Spitze soll ihn die scheidende Chefin des norwegischen Medienkonzerns Schibsted, Kristin Skogen Lund, ersetzen. Im Februar hatte Schibsted bekannt gegeben, dass Lund die Firma verlassen wird, wenn ein Nachfolger gefunden ist.

Darüber hinaus soll Roger Rabalais, Partner der Investmentgesellschaft Prosus, im Aufsichtsrat Patrick Kolek ersetzen. Prosus besitzt etwa 29 Prozent der Anteile an Delivery Hero und ist damit größter Aktionär. Kolek stellt sich wegen seines Abschieds von Prosus nicht mehr zur Wahl. Lund wie auch Rabalais sollen für vier Jahre kommen.

Das Kontrollgremium soll außerdem von sechs auf acht Mitglieder anwachsen. Nach Angaben des Nominierungsausschusses machen das Wachstum und die Komplexität der Firma eine Erweiterung nötig.

Neue Konkurrenz in Asien

Delivery Hero ist in mehr als 70 Ländern mit Lieferdiensten aktiv, unter anderem mit den Marken Foodora und Foodpanda. In Deutschland betreibt der Konzern trotz mehrerer Versuche kein Lieferangebot mehr. Vergangene Woche hatte Delivery Hero seine Umsatzprognose angehoben.

Erst kürzlich waren monatelange Verhandlungen über den Verkauf des Geschäfts in Südostasien wegen unterschiedlicher Preisvorstellungen gescheitert. Konkret geht es um die Tochtergesellschaften in Singapur, Malaysia, Philippinen, Thailand, Kambodscha, Myanmar und Laos. Der Wettbewerber Grab setzt Delivery Hero dort stark unter Druck.

Analyst Genelot hält es für wahrscheinlich, dass durch Sachem Head und den neuen Prosus-Vertreter die Überlegungen bezüglich der Zukunft des Foodpanda-Geschäfts in Südostasien wieder in den Vordergrund rücken. Ein Rückzug oder ein Verkauf seien am naheliegendsten.

Zugleich sorgte in der vergangenen Woche die Nachricht für Unruhe, dass der chinesische Konkurrent Meituan in Saudi-Arabien mit seiner App Keeta an den Start gehen will. Bisher hat sich Meituan größtenteils auf China konzentriert. Die Delivery-Hero-Aktie stürzte nach Bekanntwerden dieser Pläne am Freitag um bis zu neun Prozent ab. Am Montag gewannen die Papiere wieder gut drei Prozent.

Für die Berliner ist Saudi-Arabien gemessen am Umsatz laut JP-Morgan-Analyst Marcus Diebel einer der größten Märkte. Die Nachricht sei beunruhigend, sagte Genelot.

2024-04-29T08:20:52Z dg43tfdfdgfd