USA-REISE: DONALD TRUMP SCHRECKT DEUTSCHE URLAUBER AB

Erst der Selenskyj-Eklat im Weißen Haus, dann die Reisehinweise aus dem Auswärtigen Amt: In deutschen Reisebüros werden Urlaube in den USA zum Ladenhüter.

Noch Mitte 2024 zeigte sich Timo Kohlenberg, Chef des USA-Reisespezialisten America Unlimited, in Feierlaune. Schon im Mai seien die Umsätze so hoch gewesen wie im gesamten Vorjahr, freute sich der Urlaubsveranstalter in Hannover.

Doch mit dem Boom ist es nun vorbei. „Seit Ende Februar sehen wir bei den USA-Buchungen eine deutliche Zurückhaltung“, sagte Kohlenberg dem Handelsblatt. Durch das starke Geschäft zu Jahresbeginn stehe man aktuell zwar noch bei „plus/minus null“. Laufe es aber so weiter wie bisher, erwartet er zum Jahresende ein Minus von bis zu zehn Prozent.

Beim Münchener Studienreisespezialisten Studiosus, der sich im Schwerpunkt um Bildungsurlauber kümmert, setzte der Rückgang der Reisebuchungen für die USA sogar schon früher ein. „Bis zur Wahl von Donald Trump waren die Buchungen im Plus, dann rutschten sie schrittweise ins Minus“, berichtete ein Sprecher.

Mittlerweile gebe es kaum noch Neubuchungen, sagte er. Dem größten Fernreisemarkt der Deutschen, der im vergangenen Jahr noch mehr als zwei Millionen Bundesbürger anlockte, droht damit ein herber Rückschlag.

Viele Reiseveranstalter beobachteten einen Rückgang in zwei Stufen. Die verstörende Pressekonferenz von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus gilt dabei als Auslöser für den ersten Rücksetzer: Ende Februar warf Trump den Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, aus dem Weißen Haus und legte die Militärhilfen für die Ukraine auf Eis, nachdem er ihn wenige Tage zuvor als „Diktator“ beschimpft hatte.

Der zweite schwerwiegende Auslöser für Verunsicherung folgte Ende vergangener Woche. Es habe mehrere Zwischenfälle bei der Einreise deutscher Staatsbürger in die USA gegeben, meldete das Auswärtige Amt. Anschließend ergänzte es seine Reisehinweise für die USA – und verunsicherte damit deutsche Urlauber.

„Vorstrafen in den USA, falsche Angaben zum Aufenthaltszweck oder eine auch nur geringfügige Überschreitung der Aufenthaltsdauer bei Reisen können bei Ein- beziehungsweise Ausreise zu Festnahme, Abschiebehaft und Abschiebung führen“, heißt es dort seither auf der Internetseite. Man nehme die Vorfälle der vergangenen Woche bei der Einreise von deutschen Staatsbürgerinnen und -bürgern in die USA sehr ernst, erklärte dazu ein Sprecher der obersten Bundesbehörde.

Drei Deutsche hatten die US-Behörden zuletzt bei der Einreise in Abschiebehaft genommen, darunter sogar einen Besitzer einer unbegrenzten Aufenthaltsgenehmigung, einer Greencard. Der 34-Jährige war laut Zeugenaussagen in Boston festgesetzt und über eine Woche inhaftiert worden.

Warnhinweise auch aus London – Einreise einer Punkband verweigert

Auch für Besucher aus anderen Ländern scheint sich die Situation an den US-Grenzen und -Flughäfen verschärft zu haben. Die britische Regierung gibt seit Kurzem zusätzliche Warnhinweise, nachdem eine Touristin aus Wales nach ihrer Einreise aus Kanada für drei Wochen in Haft gekommen ist. Am Flughafen in Los Angeles nahmen die Behörden die britische Punkband UK Subs nach ihrer Landung in Gewahrsam, bevor sie die Musiker wieder in ihre Heimat abschoben.

Zudem sahen sich Dänemark und Finnland neulich veranlasst, Warnhinweise für transgeschlechtliche Reisende herauszugegeben. Der Grund: Die Trump-Regierung hat verfügt, dass nur noch zwei Geschlechter anzuerkennen seien.

Dänemark rät deshalb Reisenden mit dem Geschlechtseintrag „X“ in ihrem Pass, sich vor einer Reise an die US-Botschaft zu wenden. Finnland warnt Transpersonen sogar davor, dass ihnen die Einreise gänzlich verweigert wird.

Bereits vor den jüngsten Vorfällen sorgte Trump durch fragwürdige geopolitische Ankündigungen dafür, dass aus mehreren Ländern der Touristenstrom versiegte. In Kanada etwa, das sich der US-Präsident nach eigener Aussage als 51. US-Bundesstaat vorstellen kann, gaben Touristen schon zu Jahresbeginn ihre Reisepläne auf.

Die Zahl der kanadischen Autoreisen in die USA ging im Februar im Vergleich zum Vorjahr um 24 Prozent zurück, wie die Touristikbehörde U.S. National Travel and Tourism Office (NTTO) für den Monat Februar ermittelte.

Auch Urlauber aus Dänemark bleiben zunehmend aus, nachdem Trump das zu dem skandinavischen Land zählende Grönland auf seine Annexionsliste gesetzt hat. Von Dänemark reisten NTTO-Zahlen zufolge sechs Prozent weniger Besucher an als im Jahr davor.

Aus Deutschland, dem Trumps Regierungsberater Elon Musk eine Regierung unter Führung der AfD empfahl, kamen laut NTTO sogar neun Prozent weniger. Auch die Besucherzahlen aus der Schweiz und Belgien brachen zuletzt ein. Als Spitzenreiter erwies sich das kleine Slowenien, aus dem 26 Prozent weniger Touristen in die USA reisten.

Tourismuswirtschaft in den USA muss sich auf schwieriges Jahr einstellen

Für die Tourismuswirtschaft in den USA deutet sich damit ein schwieriges Jahr an. Allein aus der EU erzielte sie 2023 Einnahmen von 155 Milliarden Dollar. Im vergangenen Jahr kletterten diese noch einmal um 14 Prozent.

Inzwischen aber steht im Land für die Hotels, Autovermietungen, Parkverwaltungen und wohl auch Luftverkehrsbetreiber fest, dass sie ihre ursprünglichen Erwartungen für 2025 drastisch zurückschrauben müssen. So prognostiziert das Forschungsunternehmen Tourism Economics seit wenigen Tagen einen Rückgang der Besuche aus dem Ausland um 5,1 Prozent, nachdem man vor Kurzem noch von einem Anstieg um 8,8 Prozent ausgegangen war.

„Die Ausgaben ausländischer Touristen werden voraussichtlich um elf Prozent sinken, was in diesem Jahr einem Verlust von 18 Milliarden US-Dollar entspricht“, schreiben die Marktforscher in ihrer Studie vom 27. Februar. US-Präsident Trump dürfte das kaum passen, denn Einnahmen von ausländischen Touristen wertet die Statistik als Export. Ein Minus belastet damit die Außenhandelsbilanz.

Laut dem Bericht von Tourism Economics könnte es für die US-amerikanische Tourismuswirtschaft sogar noch schlimmer kommen. Das Forschungsunternehmen erwartet, dass aufgrund der steigenden Zoll- und Handelsschranken gleichzeitig weniger Geschäftsreisende ins Land kommen. Die mit der Abschottung verbundenen Preissteigerungen dürften zudem den Inlandstourismus bremsen, mahnt das Institut.

„Die gesamten Reiseausgaben in den USA, Inlands- und Auslandsreisen zusammengerechnet, werden 3,7 Prozent unter den ursprünglichen Erwartungen liegen“, erwarten die Marktforscher. Dies entspreche einem geschätzten Verlust von 64 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2025.

Touristiker raten zu Besonnenheit

Angesichts der herben Einbrüche im USA-Reisegeschäft mahnen Veranstalter wie America-Unlimited-Chef Kohlenberg indes zu Besonnenheit. So handele es sich bei einigen der vom Auswärtigen Amt genannten Fälle um spezielle Verdachtsmomente von Rechtsübertritten. „Auch zu Zeiten der US-Präsidenten Obama und Biden gab es ähnliche Eingriffe bei der Einreise“, sagte Kohlenberg.

Andere Experten bewerten die Lage in den USA dagegen schon als außergewöhnlich. „Es ist definitiv ungewöhnlich, dass sich diese Fälle so häufen, und die Begründungen für die Festnahmen sind nicht nachvollziehbar“, sagte Pedro Rios, Direktor der Hilfsorganisation American Friends Service Committee, der Nachrichtenagentur AP. Es sei beispiellos, dass so viele Fälle aus westlichen Ländern in so kurzer Zeit aufgetreten seien.

Kanada könnte als Reiseland profitieren

Deutsche Reiseveranstalter sehen den Niedergang im USA-Tourismus dagegen gelassen. Den Schwund gleichen bei Studiosus schon jetzt die zusätzlichen Buchungen für Kanada wieder aus. „Dort haben sich die Buchungen verdoppelt“, bestätigt America-Unlimited-Chef Timo Kohlenberg. Nur: Bislang war die Zahl der USA-Reisenden fast siebenmal so hoch wie die der deutschen Kanada-Urlauber.

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Erstpublikation: 26.03.2025, 10:15 Uhr.

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2025-03-26T10:03:29Z